Freigeist - Realisierung von Träumen
In der abendlichen Dämmerung fahre ich über die Autobahn zurück nach Hause. Es sind nicht viele Autos unterwegs und ich schaue auf das blau angeleuchtete Armaturenbrett und dann auf die Bäume am Rand der breiten Straße. Da ich keine Lust auf das Hörbuch habe, das ich derzeit bei Audible höre, schalte ich auf meine Podcast App und der Bewohnerfrei Podcast von Tobias Beck beginnt. In der aktuellen Folge wird Manuel Cortez interviewt. Ich muss darüber nachdenken, woher ich diesen Namen kenne. Dann kommt mir das Bild des kleinen, dunkelbärtigen Schauspielers in den Kopf, den ich noch aus dem gelegentlichen Verfolgen von Gute Zeiten, schlechte Zeiten zu Studentenzeiten in Erinnerung habe.
Es ist eine Person, die mich weniger nicht interessieren könnte und die ich eigentlich schon immer unsympathisch fand. Aber da der Wagen gerade so geruhsam vor sich hin gleitet verpasse ich wohl den Moment, direkt wieder abzuschalten. Schon nach den ersten Minuten stelle ich fest, dass ich die Stimme von Manuel sehr angenehm finde und seine begeisternde Art irgendetwas in mir auslöst. Wenn ich so darüber nachdenke, fand ich ihn vor wohl mehr als zehn Jahren in der Serie einfach rein optisch furchtbar und habe mich nie damit beschäftigt, was für ein Mensch er eigentlich ist.
Offenbar hatte er mit starken Angstzuständen und Panikattacken zu kämpfen. Diese begannen während seines großen Erfolgs im Fernsehen, der schon vor GZSZ mit Verliebt in Berlin anfing und vor nicht ganz so langer Zeit mit seinem Sieg bei Let‘s Dance erneut aufflammte. Mit der erneuten Medienpräsenz kamen auch die Angstzustände zurück. Um sie zu überwinden hat er sich mit Hypnose und Mentaltraining beschäftigt und ist heute als Coach und Redner tätig. Sein bunter Lebenslauf ist wirklich beeindruckend und Manuel Cortez stellt die einzelnen Punkte sehr selbstreflektiert dar und spricht auch von den Schattenseiten des Ruhms.
Sein großes Thema und auch der Name seines Business ist Freigeist. Nun bin ich selbst nach eigener Betrachtung wohl so ziemlich das Gegenteil eines Freigeist. Jedenfalls in meiner spontanen Interpretation des Begriffs. Ich liebe Regeln, Listen und ein strukturiertes Umfeld. Zu Verabredungen erscheine ich immer pünktlich und wenn etwas nicht nach meinem Plan läuft, werde ich unruhig. Das rationale Denken liegt mir näher als das unabhängige, emotionale Vorgehen eines Freigeistes.
Dennoch kommt die Begeisterung, mit der Manuel Cortez über die Umsetzung seiner Ziele spricht, bei mir an. Er rät dazu, die Dinge zu realisieren, die einem Freude bereiten und die sich richtig anfühlen. Ohne darüber nachzudenken, ob man bereits ein Experte auf dem Gebiet ist und ohne auf wertende Kommentare von anderen zu hören. Er spricht auch darüber, dass es bei der Realisierung dieser Träume nicht auf das finale Resultat ankommt. Wenn man beispielsweise ein Buch schreiben will, sollte es nicht darum gehen, irgendwann das Buch im Laden zu sehen oder die Millionen auf dem Konto zu haben. Jeder Schritt zu diesem Ziel ist ein Teil von dem Weg, das Ziel zu leben. Diesem Weg sollte mit Wertschätzung und Genuss begegnet werden.
Die Fähigkeit, sich auf den Prozess zur Umsetzung zu konzentrieren, ist für mich sehr wertvoll. Die Darstellungen von Manuel sind mitreißend, aus jedem Satz springen die Emotionen und das Abenteuer. Manuel schafft es, mit seiner eigenen Geschichte Verständnis zu vermitteln für die Probleme anderer. Gleichzeitig zeigt er, dass Aufgeben keine Option ist und hinter der nächsten Ecke schon ein spannendes neues Tätigkeitsfeld liegen kann. Es gibt mir an diesem Abend einen kleinen Schubs, etwas mehr Leichtigkeit in die kleinen Schritte zu legen. Wer das Interview in voller Länge hören möchte, findet es hier.
Als ich vor unserer Haustür parke frage ich mich, wieso ich diesen Menschen wegen des oberflächlichen Eindrucks, den ich von ihm hatte, verurteilt habe. Diese Autofahrt hat mir in Erinnerung gerufen, dass es wichtig ist, hinter die Fassade zu blicken und die Emotionen und Beweggründe eines Menschen zu betrachten.