„Mums back to work“- Programm
Eine Chance für die neue Müttergeneration?
Beim Überfliegen meines LinkedIn Newsfeeds hat ein Post, der ein Wiedereinstiegsprogramm für Mütter anpreist, meine ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Eines vorab, es lag nicht an der professionellen Gestaltung. Ein kindliches Sonnengesicht, kleine Wölkchen und eine Eule mit Glupschaugen waren nicht gerade das, was ich bei einem so wichtigen und ernsthaften Thema erwartet hatte. Die Aufmachung passt eher zu einer Krabbelgruppe und spricht m.E. nicht die Zielgruppe von Arbeitnehmerinnen in Elternzeit an, die Ihren Wiedereinstieg nach einer Geburt ins Auge fassen. Aber gut, widmen wir uns lieber den Mutmaßungen, warum ein großes Unternehmen mit einem solchen Programm erst jetzt an den Start geht.
Echter Mehrwert als Wettbewerbsvorteil
Geht es hier um einen echten Mehrwert für Mütter, was wünschenswert wäre, oder einfach nur um ein Label, um beim Werben um die besten Arbeitskräfte die Nase vorn zu haben, während andere Unternehmen diesen nicht mehr ganz taufrischen „Trend“ immer noch verschlafen? Vielleicht hat man mittlerweile auch einfach verstanden, dass es in Stellenausschreibungen nicht ausreicht, sich als familienfreundliches Unternehmen zu beschreiben, sondern im Bewerbungsprozess ggf. auch mal Fakten auf den Tisch legen sollte. Ein gut durchdachtes, professionelles Wiedereinstiegsprogramm für Mütter wäre ein klarer Wettbewerbsvorteil. In meinen Augen also durchaus eine sinnvolle Investition in die Zukunft.
Wiedereinstieg nach Elternzeit
Vor rund 10 Jahren hätte mir ein „Mums back to work“-Programm in meinem damaligen Unternehmen das Leben als Wiedereinsteigerin erheblich erleichtert. Damals konnte man den Eindruck gewinnen, dass kein Wert auf den Wiedereinstieg von Müttern gelegt wurde. Es wurde u.a. mit generellem Einstellungsstopp argumentiert, unflexible Arbeitszeitmodelle und sogar eine Abfindung angeboten. Als Mutter, die nach der Elternzeit so schnell wie möglich wieder in den Job zurückkehren wollte, war dies ein Schlag ins Gesicht. Handelte es sich nicht um dasselbe Unternehmen, für das man jahrelang gebrannt hat inkl. zahlreicher Überstunden und Wochenendarbeit? Und jetzt mit dem Status der Mutter war man plötzlich Ballast, irgendwie ungewollt. Man muss schon komplett abgebrüht sein, wenn einen eine solche Situation nicht komplett lähmt und niederschlägt. Das Unternehmen hat sich nach der Geburt gefühlt um 180° gedreht und auf einmal drehen andere am großen Rad und man selber darf nur noch zusehen. Es muss an dieser Stelle nicht erwähnt werden, dass ich dieses Verhalten von Seiten des Unternehmens und einzelner Personen nach wie vor als moralisch höchst fragwürdig erachte. Letztere müssen schließlich selbst entscheiden, ob sie morgens noch in den Spiegel schauen können.
Der Weg ist noch lang
Meine persönlichen Erfahrungen liegen zum Glück schon einige Jahre zurück. Aber ähnliche Geschichten von ehemaligen Kolleginnen und befreundeten Müttern zeigen mir nach wie vor, dass so manches „familienfreundliche“ Unternehmen noch einen langen Weg gehen muss, um Müttern einen würdigen Wiedereinstieg zu bieten. Ich bin davon überzeugt, dass am Ende beide Seite davon nur profitieren können.
Für zukünftige Müttergenerationen wünsche ich mir auf jeden Fall von Herzen, dass das zu Anfang beschriebene „Mums back to work“-Programm inhaltlich und strategisch der Zielgruppe entsprechend gut aufbereitet und erfolgreich implementiert wird. Denn nur dann könnte ich ganz ohne Groll sagen: Besser spät als nie.
Habt Ihr auch ähnliche Erfahrungen mit dem Wiedereinstieg gemacht? Schreibt es mir gerne in die Kommentare!
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text die weibliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige beider Geschlechter.
Über unsere Gast-Autorin Nicole:
Meine berufliche Reise hat mich vom Handwerksbetrieb über den Mittelstand bis hin zu einem globalen Unternehmen geführt. In den letzten 16 Jahren konnte ich meine ganze Energie in nationalen sowie europäischen Rollen im Marketing & Vertrieb einbringen. Als Deutsch-Französin lebe ich im Herzen des Ruhrgebiets und halte am liebsten meinen Mann und unsere zwei Kinder auf Trapp.