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Unfuck Yourself - Rezension

Das Buch, von dem ich nicht wusste, dass ich es brauche, bis ich es gelesen habe

Zu meinem Geburtstag hat Véro mir ein Buch geschenkt, „Unf*ck Yourself: Raus aus dem Kopf, rein ins Leben!“* von Gary John Bishop. Praktischerweise war sie so umsichtig, mir die Kindle Version zukommen zu lassen, denn ich lese Bücher eigentlich nur noch elektronisch. Schon vor dem Lesen gab es das Vorhaben, einen Blogartikel mit Kommentar zu diesem Buch zu schreiben. Wie hilfreich und ermunternd das Buch sein würde, wusste ich zu dem Zeitpunkt natürlich noch nicht. Es hätte also durchaus eine schlechte Bewertung geben können, aber dann wäre dies eben auch eine Erkenntnis gewesen.

Selbstzweifel und Ausreden

Zunächst geht es in dem Buch um die innere Einstellung sich selbst und den eigenen Lebensumständen gegenüber. Wenn ich für mich eine Sache als schwierig, einen Verlauf als nicht aufhaltbar oder eine Hürde als unüberwindbar einschätze und beschreibe, desto schwieriger, unaufhaltbarer und unüberwindbarer wird das Problem. Je öfter ich mit mir selbst hadere, weil der Wecker zu früh klingelt, im Job zu viel zu tun und der Sport zu anstrengend ist und die Kinder zur Schlafenszeit zu wild, desto schlimmer wird es. In der Folge wird meine innere Einstellung düster, die Kraft schwindet, der Tagesablauf bereitet keine Freude, sich aufzuraffen wird immer schwieriger.

Ich habe das Zitat schon einmal gebracht, aber es passt auch an dieser Stelle: „Egal, ob Du denkst, Du kannst es oder Du kannst es nicht - Du wirst auf jeden Fall recht behalten.“. Ein erster Schritt der eigenen Selbsterkenntnis ist es also, positiv und bekräftigend an das eigene Leben heranzugehen und Herausforderungen anzunehmen oder sogar als Chance zu sehen. Die Einstellung, dass eine Lösung zum Greifen nah ist, schenkt mir Aussicht auf Erfolg und damit Kraft für die Umsetzung. Sich darauf zu konzentrieren, dass alle Wünsche und Ziele umsetzbar sind, führt erwiesener Maßen zu einer Veränderung der physischen Strukturen in unserem Gehirn. 

In der Zeit nach dem Urlaub ist mir dieses positive Denken tatsächlich sehr schwer gefallen. Ich konnte mich nicht so recht wieder an den Alltag zu Hause gewöhnen, alles war anstrengend, langweilig und zäh. Ich habe zwar ganz bewusst gemerkt, dass ich etwas an meiner Einstellung ändern muss. Aber der Schritt zur Umsetzung fiel dann doch schwer.

Nun bin ich überhaupt kein Fan davon, diese Selbstaffirmationen überall im Internet zu lesen. „Du kannst alles schaffen, wenn Du an Dich glaubst“ oder “sage zu Dir selbst, dass Du wundervoll bist” liest sich schwarz auf weiß wie aus einer esoterischen fernöstlichen Welt. Und dennoch steckt viel Wahres dahinter und der Ansatz der Affirmation ist super. Ich mag die Bekräftigungen nur nicht lesen, das klingt für mich wie ein Guru, der mir das Geld aus der Tasche ziehen will. Die Umsetzung muss in meinem Kopf passieren und durch mich selbst erfolgen. 

Die Beschreibungen von Bishop gefallen mir vor allem, weil es direkte, ehrliche Handlungsempfehlungen sind. Er stellt die wissenschaftlichen Hintergründe dar und zeigt in einfachen Worten, dass die Entschlossenheit etwas zu bewerkstelligen einfach notwendig ist. Wie von der besten Freundin, die sagt: „nun krieg Deinen Hintern hoch und leg Dich ins Zeug!“. Kein esoterisches Wortspiel, sondern ein Schubs in die richtige Richtung.

Das Ziel wirklich wollen

Wenn ich etwas verändern will, darf ich gerade nicht mit der aktuellen Situation hadern. Ich sollte mir das Ziel und die Schritte, die zur Erreichung dieses Zieles notwendig sind, vor Augen führen. Und dann muss ich mir die Frage stellen, ob ich bereit bin, die erforderlichen Schritte mit aller Power umzusetzen.

Bin ich bereit, im Job vollen Einsatz zu bringen, mich weiterzubilden, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen und gegebenenfalls Überstunden zu machen, um mehr Geld zu verdienen? Oder bin ich genau andersherum bereit, Aufgaben und Kompetenzen abzugeben, weniger ehrgeizig und perfektionistisch zu sein und auf Gehalt zu verzichten, um mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen? So oder so, beides ist für mich möglich, wenn ich es wirklich will und die einzelnen Schritte Stück für Stück umsetze.

Der Fokus auf die eigenen Ziele ist keine Starre Definition, die ich einmal vornehme und dann ohne weitere Reflexion umsetze. Der Prozess ist fließend und die eigenen Ziele müssen immer wieder hinterfragt werden. Wie wichtig ist es mir, fünf Kilo abzunehmen und dafür auf mein Lieblingsessen zu verzichten? Kommt es mir vielleicht eher darauf an, mich gesund zu ernähren und möglichst viel frisch zu kochen?

Dieser Fokus von Bishop auf die notwendigen Zwischenschritte zur Erreichung des Zieles hat mich nachhaltig beeindruckt. Ja, jeder kann alles schaffen, wenn er oder sie es nur mit dem notwendigen Ehrgeiz verfolgt. Es kommt eben darauf an, was mein Ziel ist und ob ich bereit bin, alles Notwendige dafür zu tun.

Wenn ich festgestellt habe, dass ein Ziel wirklich ein Ziel ist, weil ich bereit bin, alle erforderlichen Stufen mit Entschlossenheit zu nehmen, dann kommt auch die Motivation. Und dann weiß ich, dass sich nicht die Frage stellt, ob ich das Ziel erreiche. Es ist nur noch die Frage, wann ich das Ziel erreiche.

Raus aus der Opferrolle

Hand in Hand mit dem Verständnis über die notwenigen Schritte geht auch die objektive Betrachtung der eigenen Probleme. Bishop beschreibt sehr anschaulich, dass es hilft, Abstand von einer schwierig erscheinenden Situation zu gewinnen. Einen Schritt zurückzutreten und auf die Situation in einem größeren Kontext zu blicken hilft oft, ein Problem zu relativieren.

Wenn ich abends in meinem Bett denke, dass eine Person richtig gemein zu mir war oder etwas unglaublich schief gelaufen ist, kann ich überlegen, was dies für Auswirkungen auf mein gesamtes Leben haben wird. Betrachten wir unser Leben als Ganzes, stellen wir fest, dass es eine Vielzahl an Herausforderungen, Pechsträhnen und miesen Tagen gab. Aber es gab eben auch unglaublich viele schöne Momente, Situationen und Personen in unserem Leben. Auf Regen folgt Sonnenschein, auch wenn man ohne Schirm, mit viel zu dünner Kleidung und ohne Unterschlupf im Platzregen nicht an das Aufklaren glaubt, es wird passieren.

Um was auch immer in meinem Leben zu ändern, muss ich raus aus der Opferrolle und rein in die Umsetzung kommen. Dies ist schwierig, da es einen Schritt in die Zukunft erfordert und die Ungewissheit der Zukunft uns Angst bereitet. Der Schritt raus aus der eigenen Komfortzone bringt das Risiko mit sich, Fehler zu machen, von anderen beurteilt zu werden und zu scheitern.

Und auch hier überrascht mich das Buch mit einer einfachen, aber klar ausgesprochenen Handlungsanweisung. Es geht nicht nur darum, meine Komfortzone zu erweitern oder in allem zunächst den Sinn zu suchen. Die Aufforderung ist, sofort zu starten und am besten alte Muster komplett zu durchbrechen. Den ersten Schritt zum Ziel sofort machen, jetzt.

Auch wenn ich eigentlich ein sehr rationaler Mensch bin und gerne alles viel zu viel durchdenke und mir meine Schritte überlege, gefällt mir dieser Ansatz. Neues entsteht nur dadurch, dass man etwas anders macht. Warum also nicht mal ganz neue Wege ausprobieren, wörtlich genommen zum Beispiel über einen anderen Weg zur Arbeit, aber auch durch einen anderen Tagesablauf oder einen nicht geplanten Familienausflug.

Taten statt Gedanken

Bishop schafft es mit seinen Worten, bei mir direkt die Lust auf die Umsetzung zu wecken. Die Lust auf den nächsten Schritt, in den verschiedensten Bereichen, weil nur dadurch sich etwas ändern kann. Meine Ziele sind erreichbar, aber ich muss etwas dafür tun!

Dabei ist es unerheblich, wie lange es noch bis zum Ziel ist. Mit jedem Schritt komme ich meinem Ziel ein Stückchen näher, auch wenn ich zwischendurch einmal Rückschläge erlebe. Es geht einzig und allein darum, nicht aufzugeben und die Dinge so zu nehmen, wie sie kommen. Das heißt nicht, dass ich mit allem einverstanden sein muss und blind einem vielleicht nie erreichbaren Ziel hinterherlaufe. Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen, meine Ziele immer wieder zu hinterfragen und gegebenenfalls abzuändern. Positives Denken allein wendet das Leben nicht zum Besseren. Ich muss mir meiner Ziele klar werden, die erforderlichen Schritte identifizieren und dann anpacken.

So einfach diese Erkenntnis erscheinen mag, für mich hat das Buch genau das erreicht, was der Autor wollte. Ich konnte neue Energie für die Umsetzung meiner Ziele gewinnen und bin vielleicht ein kleines bisschen besser darin geworden, negative Emotionen zu einem Thema nicht als unendlich groß anzusehen. 


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