Gedanken ordnen

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Tipps zum Zeitmanagement im Chaos

Wie schön war es noch zu Schulzeiten, als es einen festen Stundenplan für die ganze Woche und festgelegte Freizeitaktivitäten an bestimmten Wochentagen gab! Montags Mathe, Sport und Englisch, dienstags lange Schule mit AG am Nachmittag, freitags Reitstunde. Es war klar, was ich von jedem einzelnen Tagesablauf zu erwarten hatte und wann es freie Slots gab, um mich mit Freunden zu treffen.

Wie ich meinen Tag am Morgen plane

Diese schön einfache Struktur scheint mit der Geburt zweier Kinder, einem Job und unzähligen weiteren Verantwortungen völlig über den Haufen geworfen zu sein. Ein Tagesplan ist nett, aber schlussendlich doch nur etwas wie eine grobe Richtschnur dessen, was man sich in völliger Entspannung mal für diesen Tag überlegt hat. Also eigentlich mehr ein seidener Faden als eine Richtschnur.

Wie ein Tag wirklich abläuft

An chaotischen Tagen (= etwa 350 Tage im Jahr) passieren unvorhergesehene Dinge zu unvorhergesehenen Zeiten. Eingehende Anrufe und Emails, während ich gerade eine anspruchsvolle Aufgabe bearbeite, sind das beste Beispiel aus der Arbeitswelt. Aber auch Kinder, die eine Frage haben oder etwas tolles erzählen oder mit mir spielen wollen, können einen begonnenen Arbeitsablauf wie Essen kochen unterbrechen. 

Und dennoch will so ein Tag, gerade wenn weitere Familienmitglieder involviert sind, irgendwie strukturiert werden. Da ich gerne den Überblick über meinen Tag behalten möchte, habe ich mich in den letzten Monaten oft mit dem Thema Zeitmanagement beschäftigt, lese Bücher zu dem Thema und schaue mir Informationen im Internet dazu an. Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, möchte aber die Erkenntnisse, die ich für mich und meine Lebenssituation bislang gewonnen habe, in diesem Beitrag teilen.

Cluster bilden

Der Vorschlag von Tim Ferriss aus seinem Buch „Die 4-Stunden-Woche“ lautet, möglichst viel in Gruppen zu zusammenzufassen. Emails sollten nur noch einmal am Tag, bestenfalls einmal in der Woche, gelesen und beantwortet werden. Auch andere Aktivitäten sollten gesammelt und dann in einem Schwung erledigt werden. Das Buch ist super und hat mir viele Anregungen gebracht, aber okay, der gute Tim hat auch keine Kinder! Im Familienalltag und wie ich meine auch ohne Kinder in einem Angestelltenverhältnis kann ich nicht so einfach nur noch einmal in der Woche meine Emails bearbeiten. Oder auch nur einmal am Tag, da würden mir doch einige wichtige Infos von meinen Kollegen und dringende Arbeitsaufträge entgehen. 

Aber gut, das von Tim Ferriss beschriebenen Prinzip, sich auf eine Sache zu konzentrieren und nicht permanent in einem ganz anderen Kontext denken zu müssen, macht schon Sinn. Viele Störungen zwischendurch sind tatsächlich unwichtig, lenken aber meine Aufmerksamkeit weg von meiner eigentlichen Aufgabe.

Fokus

Genau diesem Prinzip entspricht auch die Pomodoro Technik. Dies ist eine Form des Zeitmanagements, in der Aufgaben in 25-minütige Abschnitte - pomodori- eingeteilt werden, auf die jeweils eine 5-minütige Pause folgt. Es gibt zu der Pomodoro Technik viele Timer-Apps, Du kannst Dir aber auch einfach einen Wecker oder Timer auf dem Handy einrichten oder eine Küchenuhr stellen. Und dann geht es los: 25 Minuten konzentriertes Arbeiten, danach 5 Minuten Pause.

Dies führt automatisch auch zu mehr Achtsamkeit für den Moment. Während der 25 Minuten gibt es nur diese Aufgabe, alles andere wird ausgeblendet. Wenn ich Essen koche, koche ich essen. Und wenn meine Tochter mir ein für sie wichtiges Ereignis vom Tag erzählen will, dann höre ich ihr zu und schweife nicht zu anderen Dingen ab. 

Wenn das immer so klappen würde, wäre es eigentlich ganz toll. Die volle Konzentration auf das hier und jetzt, ich ruhe in mir, alle Themen, die auf mich einströmen, ignoriere ich. Was das ganze so schwer macht ist die Tatsache, dass manchmal eben doch eine Angelegenheit über die andere zu priorisieren ist. Wenn ich mit einer Tochter spreche und die andere hat sich in die Hand geschnitten, ist meine sofortige Aufmerksamkeit erforderlich. Und auch eine Anfrage vom Vorstand sollte ich nicht erst beantworten, wenn ich meine anderen Aufgaben der Woche erledigt habe. 

Priorisieren, priorisieren, priorisieren!

Für den Tagesablauf ist es jedenfalls in meinen Lebensumständen erforderlich, auch mal Pläne über den Haufen werfen zu können. Ein Wochenplan ist einfach nichts, was bei uns funktioniert. Zwar liebe ich es, Listen zu erstellen. Eine Liste gibt mir das Gefühl von Sortiert-sein. Die Realität zeigt aber, dass spätestens nach einem Tag doch vieles anders ist, als zu Beginn der Woche gedacht. Ein Kind wird krank oder hat vor der geplanten Nachmittagsaktivität noch dringende Aufgaben für die Schule zu erledigen. Eine Veranstaltung, die wir auf der Arbeit geplant haben, wird abgesagt. Eine Kollegin braucht dringende Unterstützung, weil Zulieferungen aus einer anderen Abteilung nicht rechtzeitig angekommen sind. In diesen Fällen müssen neue Pläne her oder bestimmte Aktionen über andere Vorhaben priorisieren werden.
Der Vorteil vom Priorisieren ist, dass ich eine bewusste Entscheidung treffe, wie ich die Zeit meines Tages nutzen will. Dies trägt erheblich dazu bei, am Abend nicht zu denken, dass der Tag nur so vorbeigeflogen ist und ich keinen Einfluss auf die Ereignisse hatte. Achtsam zu sein, wie ich meine Zeit verwende, fühlt sich selbstbestimmter an und ich merke, dass ich nicht so ausgelaugt bin.

Es gibt natürlich Termine an einem Tag, die als feste Position vorgegeben sind. Wenn es etwas gibt, was mir wirklich wichtig ist, sollte dies ein nicht verhandelbarer Punkt des Tages sein. Dies kann zum Beispiel sportliche Aktivität sein (ist mir leider nicht so wichtig, wie es sein sollte, aber auch diese Phase kommt bestimmt wieder), regelmäßige Treffen mit Freunden, auf jeden Fall ist es aber das gemeinsame tägliche Abendessen mit den Kids. Bei der Priorisierung muss also schon eine Menge passieren, dass dieser Punkt hintenüber fällt. Aber es ist auch so, dass kein einziger Termin wirklich unumstößlich ist. Wenn meine Tochter sich in der Schule verletzt hat und abgeholt werden muss, gehe ich aus jedem Termin raus und fahre sofort los. Egal, wie wichtig dieser eigentlich am Morgen noch erschien.

Es fühlt sich ja gut an, Pläne zu haben und sich eine gewisse Struktur zu geben. Aber mir scheint es für das Miteinander in der Familie und mit Freunden viel wichtiger zu sein, sich spontan auf neue Situationen einstellen zu können. Go with the flow.

Regelmäßige Auszeiten als Leuchtturm

Um trotz des permanenten flows mit dem oben beschriebenen Fokus arbeiten zu können, ist es wichtig, nicht ständig unterbrochen zu werden. Also nicht auf die Emails oder das Handy schauen, wenn gerade konzentriert an einer Aufgabe gearbeitet wird. Schwer abzustellen, aber es hilft ungemein!

Ich versuche, mir regelmäßige feste Punkte im Tagesablauf einzubauen, an denen ich in Ruhe einmal durchschnaufen kann. Die Kaffeepause am Vormittag, das Mittagessen, eine kurze Pause am Nachmittag. Und wenn ganz dringende, unvorhergesehene Dinge passieren, dann auch nach Bedarf zwischendurch. Einen Anruf auf meinem privaten Handy beachte ich immer, da es die Schule sein könnte oder mein Mann. Meine Emails rufe ich erst wieder ab, wenn ich ein Arbeitspaket beendet habe, in meine SMS schaue ich nur in wirklichen Pausen.
In den Verschnaufpausen scanne ich dann wie von einem Leuchtturm aus den Tag und stelle mir die Frage, ob die eigentlichen Planungen noch passen. Und ob ich alles, was ich mir für den Tag vorgenommen habe, weiterhin schaffen kann. Sich ganz bewusst den Überblick zu verschaffen gibt inmitten des Chaos Klarheit und mit etwas Selbstverantwortlichkeit zurück.

Not-to-do-Liste

Wenn ich feststelle, dass sich einiges geändert hat und der Tag doch ganz anders abläuft als geplant, kommt mein Lieblingspart: die not-to-do Liste. Alles, was ich an diesem Tag nicht mehr schaffen kann oder will, schreibe ich mir auf. Am liebsten auf einen Zettel, wenn ich unterwegs bin aber auch ins Handy. Mit dem Aufschreiben weiß ich, dass ich mich diesem Thema zu einem anderen Zeitpunkt widmen muss. So ist dieser Punkt aber nicht verloren und der Task für diesen Tag nicht etwa nicht geschafft, sondern es entsteht ein kleines Gefühl von innerer Freiheit. Diese Aufgabe ist nicht mehr etwas, was ich mir für den Tag vorgenommen habe und dann am Abend feststellen muss, dass ich mein Ziel nicht erreicht habe. Diese Aufgabe auf der not-to-do Liste soll gerade nicht an diesem Tag erledigt werden. Sie sind das Ergebnis erfolgter Priorisierung und sind ganz bewusst an diesem Tag anderer wichtiger Themen nicht an der Reihe.

Übersicht

Hier noch einmal in der Zusammenfassung:

  • Bilde soweit wie möglich Cluster zu gleichen Themenstellungen

  • Konzentriere Dich auf das, was Du gerade machst, mit so wenig Ablenkung wie möglich

  • Priorisiere in regelmäßigen Etappen, werfe wenn nötig den gesamten Tag um 

  • Schreibe eine not-to-do Liste mit den Dingen, die Du heute nicht erledigen willst