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„Ich habe mir überlegt, meine Stundenzahl runterzufahren“. Dieser Satz meiner Freundin war an sich vielleicht nicht überraschend, aber dafür, dass wir gerade noch eine lockere Kartenpartie gespielt hatten und nun etwas unsicher vor der Frage standen, was wir mit der verbleibenden Zeit des Abends anfangen sollten, doch etwas aus dem Zusammenhang gerissen. „Eigentlich war das immer mein Ziel. Genug Geld beiseite gelegt zu haben, um dann weniger Arbeiten zu müssen. Aber nun frage ich mich, wie genau ich das umsetzen würde. Ein paar Stunden weniger die Woche arbeiten, soviel ist klar. Aber was genau ich dann mit diesen Stunden anfangen würde, das ist schon weit schwieriger zu beantworten.“ Damit hatte sie eine Frage aufgeworfen, die auch mich in den letzten Wochen beschäftigt hat.

Wenn ich es irgendwie schaffe, mir ein wenig freie Zeit freizuschaufeln, bin ich so erledigt, dass mir der Drive fehlt, mehr zu machen, als in den sozialen Medien zu scrollen, Netflix anzuschalten oder - wenn es gut läuft - ein Buch zu lesen. Einen ganzen Tag an zusätzlicher Freizeit, was wäre das für eine Wohltat! Und doch, je länger ich darüber nachdachte, desto weniger sinnvoll erschien es mir, an einem Tag, an dem man nicht arbeiten muss, stattdessen zu schlafen, einkaufen zu gehen oder sich endlich mal dem Wäscheberg zu widmen.

Wir stellten fest, dass die Aussicht auf mehr freie Zeit mehr als verlockend war. Aber gleichzeitig ist die Erkenntnis, dass es keinen produktiven Grund gibt, kein Feuer, keine Leidenschaft, für die es sich lohnt, die Zeit freizuschaufeln, doch traurig und nahezu bedrückend.

In unserer Jugend - und wir kennen uns bereits seit fast 30 Jahren - fiel es uns nie schwer, kreativ zu sein. Wir haben T-Shirts entworfen, Jeans gekürzt und mehr Hefezöpfe gebacken, als eine vierköpfige Familie in einer Woche essen kann. Und wir haben uns Briefe geschrieben. Viele Briefe. Mindestens einen an jedem Wochentag, da wir nicht in derselben Klasse waren, wurde jeweils in den großen Pausen auf dem Schulhof getauscht. Und manches Mal auch noch am selben Tag geantwortet, wenn eine Antwort auf eine Frage nicht bis zum nächsten Tag warten konnte. Wir haben uns viele Jahre unseres Lebens in schriftlicher Form Ratschläge gegeben und gleichzeitig durch das Niederschreiben unsere eigenen Gedanken geordnet, hinterfragt und dem anderen mitgeteilt.

Dies noch einmal aufzugreifen lag also eigentlich mehr als nahe und doch stellt die heutige Form der digitalen Kommunikation eine innere Hürde dar. Nicht nur die enge Freundin teilhaben zu lassen an dem, was an verrückten Träumen, irrationalen Ängsten und Sorgen und ersten Schritten in neuen Situationen in einem vorgeht, ist nicht einfach. Gleichzeitig war die Idee, andere ein wenig an unseren Erlebnissen und Erkenntnissen teilhaben zu lassen, neue Dinge zu entdecken und festzuhalten, verlockend. Ich weiß nicht woran es lag, dass wir nicht einfach gelacht haben und das ganze als ein nettes Hirngespinst abgetan haben. Vielleicht war es die Erkenntnis, dass nicht nur Zeit das höchste Gut ist, sondern dass es mindestens genauso wichtig ist, zu wissen, was man mit dieser Zeit anfangen will.

Es ist wohl tatsächlich niemals zu spät, etwas neues auszuprobieren. Und der beste Zeitpunkt, um anzufangen, ist jetzt. Da sind wir also nun: am Anfang.

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