Dankbarkeitstagebuch schreiben
An machen Tagen fühle ich mich, als würde ich das gesamte Leid der Welt auf meinen Schultern tragen. Das ist – mit etwas Abstand betrachtet – natürlich eine gnadenlose Übertreibung. Aber genau so kommt es mir in dem Moment vor.
Wenn morgens die ersten Sonnenstrahlen durch den Vorhang kriechen fällt mir auf, dass ich gestern einen wichtigen Anruf vergessen habe. Mist, dieser Gedanke war es wohl auch, der mich so unsanft und viel zu früh aus dem Schlaf gerissen hat! Beim Frühstück ist die Stimmung mies, weil der Lieblingskäse der Tochter aus ist und alle anderen Brotbeläge mit „mag ich nicht“ abgelehnt werden. Beim Verlassen des Hauses muss ich noch einmal umkehren, weil ich meinen Kaffee vergessen habe, im Büro stelle ich fest, dass ich die unliebsame und lange vor mir her geschobene Aufgabe heute definitiv erledigen muss und meine Auswahl beim Mittagessen ist unglücklich bis ungenießbar. Na, super! Nach der Schule streiten die Mädels sich so heftig, wie es nur Schwestern können und keiner von uns hat eine zündende Idee, was man am Nachmittag unternehmen könnte. So wird die Laune immer gedrückter und die Welt um mich herum immer grauer.
Abends nach so einem Tag fühle ich mich unzufrieden, gestresst von den Hindernissen, die mir in den Weg gelegt wurden, und absolut ausgepowert.
Raus aus der Spirale der negativen Gedanken
Wie kann man es nun schaffen, etwas mehr Optimismus in den Tag zu lassen? Der große Begriff der Achtsamkeit spielt dabei sicher eine entscheidende Rolle. Es ist wichtig, sich zwischendurch Auszeiten zu nehmen und die positiven Dinge zu betrachten. Im Hier und Jetzt zu sein und auch bei den alltäglichen Dingen in sich hineinzuhorchen und den Blick auf sich zu lenken. Dies ist nicht so einfach, wenn die Probleme mit der Tür ins Haus fallen und das Leben einem immer wieder kleine und große Stolpersteine in den Weg legt. Aber ich suche oft nach Möglichkeiten, etwas mehr Achtsamkeit in mein Leben zu lassen.
Vor einiger Zeit bin ich auf das Thema des Dankbarkeitstagebuchs - im Englischen unter dem Begriff Journal oder Journaling weit verbreitet - gestoßen. Ein Dankbarkeitstagebuch hilft dabei, mit Kontinuität immer wieder die eigene Aufmerksamkeit auf die schönen Dinge zu lenken.
Die positiven Gedanken festhalten
Es gibt unterschiedliche Varianten eines Dankbarkeitstagebuchs, meist soll ein- oder zweimal am Tag in nur wenigen Minuten reflektiert werden. Ich habe ein 6-Minuten Journal, bei dem am Morgen 3 Minuten lang in den Tag gestartet werden soll und der Abend mit 3 Minuten weiteren Aufschreibens beendet wird. Ich habe allerdings festgestellt, dass es für mich am besten funktioniert, mir direkt morgens für das Dankbarkeitstagebuch Zeit zu nehmen. Sich zweimal am Tag hinzusetzen und die Gedanken einzutragen ist bestimmt noch effektiver, aber diese Verbindlichkeit hat mich dann doch etwas abgeschreckt. Lieber erst einmal mit kleinen Veränderungen starten!
Anhand von wenigen kurzen Fragen soll man in sich hinein horchen und den Fokus auf positive Gedanken lenken. Durch die regelmäßige Wiederholung soll mehr Optimismus und Lebensfreude in den Tagesablauf gelangen, was ich nach einigen Tagen des Schreibens tatsächlich bestätigen kann! Durch das Bewusstmachen von glücklichen Momenten werden diese zur Gewohnheit und lassen sich oft auch direkt am Tag besser erkennen.
Die Fragen
Das Wichtigste vorab: es geht bei der Beantwortung der Fragen nicht darum, nur die großen Dinge im Leben zu benennen. Natürlich ist es auch schön, dankbar für die eigene Gesundheit und die der Familie zu sein. Aber auch ganz kleine Begebenheiten können Bedeutung finden, wie die Vorfreude auf den Kaffee am Morgen oder ein Treffen mit einer Freundin, unerwartete Hilfe von einem Fremden, die Grüne-Ampel-Welle am Tag zuvor, einfach alles, was einem spontan durch den Kopf geht.
Die Fragen der verschiedenen Anbieter von Dankbarkeitstagebüchern sind in der einzelnen Ausprägung unterschiedlich, meist gibt es aber zu Beginn die pauschale Frage, wofür man an diesem Tag dankbar ist. Außerdem gibt es beispielsweise Fragen wie: Was kann ich heute Positives in mein Leben lassen? Welche Person gibt mir ein gutes Gefühl? Was kann ich heute besser machen als gestern? Ein Dankbarkeitstagebuch mit recht offenen Fragestellungen für die eigene Selbstreflexion finde ich persönlich am schönsten, weil es an den einzelnen Tagen viel Raum für die eigenen Lebensumstände lässt. Eine Vorlage für ein solches Dankbarkeitstagebuch findet sich unten im Artikel.
Dankbarkeitstagebuch für Kinder
Da wir auch nach einer Möglichkeit gesucht haben, unseren Kindern eine positive Lebenseinstellung zu vermitteln und ihren Blick auf die kleinen Freuden im Leben zu lenken, haben wir auch ein Dankbarkeitstagebuch für Kinder. Je nach Lebensalter können sie dieses alleine ausfüllen oder brauchen die Unterstützung der Eltern, die die Fragen vorlesen und die Antworten aufschreiben. Mein Ansatz ist, dabei so wenig wie möglich vorzugeben oder die Antworten in eine Richtung zu lenken. Ich finde, dies ist eine sehr schöne Heranführung an das Tagebuchschreiben, das mir in meiner Jugend geholfen hat, meine Gedanken zu ordnen und allen Frust und Kummer einfach mal niederschreiben zu können und damit ein kleines Stück loszulassen.
Bei unseren Mädels ist das Dankbarkeitstagebuch sehr gut angekommen, sie finden es wunderbar. Wir sind sehr oft erstaunt, welche Dinge genannt werden und dieser andere Blick auf die Dinge ist auch für die eigene Betrachtung des Tages sehr schön. Oft kommen uns aber auch die Ereignisse des Tages dazwischen und dann schaffen wir es nicht oder denken schlichtweg nicht daran.
Einstieg in die tägliche Reflexion mit der Familie
Es gibt aber auch andere Wege, achtsam zu sein und sich dem Thema Dankbarkeit für die schönen Dinge des Tages zu nähern. Wenn wir uns als Familie beim gemeinsamen Abendessen über den Tag austauschen, steigen wir mit folgenden Fragen ein: Was war gut, was war schlecht, wo habe ich jemandem geholfen? Diese Fragen werden nacheinander von jedem von uns vieren beantwortet. Oft ergeben sich daraus Nachfragen, gemeinsame Diskussionen und jeder hat die Chance, von seinen persönlichen Tageserlebnissen zu erzählen. Auch wenn es nach diesem Ansatz nicht niedergeschrieben ist, ergibt sich dennoch eine schöne Abrundung des Tages.
Download
Wer gerne einmal ausprobieren möchte, ein Dankbarkeitstagebuch zu schreiben, findet hier einen kostenlosen Download! Viel Freude beim Ausprobieren und hoffentlich ein wenig mehr Achtsamkeit im Alltag!